Die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen in ein Disease-Management-Programm (DMP) Adipositas war schon lange erwartet worden. Seit 2024 besteht ein solches strukturiertes Behandlungsprogramm bereits für Erwachsene. Jetzt soll es auch für Kinder ab dem 5. Lebensjahr etabliert werden.
Grundlage hierfür ist ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom November 2024. Darin heißt es: „Adipositas bei Kindern und Jugendlichen soll als chronische Erkrankung therapiert werden. Die Therapie soll dabei einen familienzentrierten und nicht stigmatisierenden Ansatz verfolgen, der die biologischen, psychischen, sozialen und strukturellen Ursachen der Adipositas berücksichtigt.“ Dafür seien jedoch strukturierte Schulungsprogramme und der Einsatz wirksamer Medikamente zwingend geboten, die aber derzeit nicht vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden.
Daher sollen nun auch Patienten ab dem vollendeten 5. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr in ein DMP-Programm eingeschrieben werden können. Dazu müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss eine gesicherte Diagnose – angelehnt an dem BMI – vorliegen, der über dem 97. alters- und geschlechtsspezifischen Perzentil liegen muss. Zudem müssen die Kinder und Jugendlichen sichtbar bereit sein, aktiv mitwirken zu wollen.
Doch auch auf die behandelnden Kinder- und Jugendärzte kommen neue Herausforderungen zu, um die verbesserten Behandlungsoptionen bei der Langzeit-Betreuung auch tatsächlich nutzen zu können. Erforderlich hierfür sind:
- eine gemeinsame Therapieplanung
- regelmäßige Verlaufsuntersuchungen
- ggf. eine Überweisung an andere Fachdisziplinen, und
- Versorgungssektoren sowie qualitätssichernde Maßnahmen.
Zudem müssen sich beteiligte Hausärzte und Pädiater auch Schulungen zu den Einschreibekriterien und zum Ablauf des Programms unterziehen.
Die Einführung eines neuen DMPs erfolgt in 7 Schritten. Mit dem G-BA-Beschluss ist der 4. Schritt vollzogen. Es ist also weiterhin Geduld gefragt. Jetzt muss das Bundesgesundheitsministerium das Programm durchwinken, was allgemein auch erwartet wird. Danach können die Krankenkassen auf regionaler Ebene DMP-Verträge mit Praxen und Krankenhäusern schließen, bevor sich die Patienten dann in das Programm einschreiben können.
Es war längst überfällig, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) jetzt auch eine strukturierte Adipositas-Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschlossen hat. Das ausgestaltete Disease-Management-Programm für die Altersgruppe von 5 bis 18 Jahren soll das Risiko vermindern, dass die Adipositas bis ins Erwachsenenalter fortbesteht. Dafür müssen in der Regel ungünstige Ernährungs- und Essgewohnheiten verändert und körperliche Aktivitäten angeregt werden.
Zwei Botschaften sind hierbei wichtig: Das DMP sollte besser bereits ab dem 5. Lebensjahr beginnen, weil es in der Adoleszenz schon viel zu spät sein kann. Und die letzten Schritte zur Etablierung des DMP sollten jetzt zügig erfolgen. Denn ein systematisches und familienzentriertes Unterstützungsangebot könnte den Pädiatern tatsächlich dazu verhelfen, eine bisherige Versorgungslücke zu schließen.

Raimund Schmid
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (4) Seite 242