Eine aktuelle Auswertung der KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigt, dass Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern und Jugendlichen im 10-Jahres-Vergleich von 2011 bis 2021 um fast 60 % zugenommen haben. Jeder 10. Junge und jedes 16. Mädchen benötigen inzwischen eine logopädische Behandlung. Woran liegt das?

Eine aktuelle Auswertung der KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigt, dass Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern und Jugendlichen im 10-Jahres-Vergleich von 2011 bis 2021 um fast 60 % zugenommen haben. Jeder 10. Junge und jedes 16. Mädchen benötigen inzwischen eine logopädische Behandlung.

Nach Angaben der KKH ist die Zahl der Betroffenen vor allem in den beiden Corona-Jahren stark angestiegen: Bei den 6- bis 18-Jährigen betrug die Zunahme 9 %, bei den 15- bis 18-Jährigen sogar fast 21 %. Betroffen sind vor allem jüngere Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren, zunehmend aber auch ältere Kinder und Jugendliche.

Die Gründe hierfür können nur zum Teil auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückgeführt werden. Coronabedingte Hygiene­vorschriften wie Schutzmasken oder Kontaktbeschränkungen wirkten sich in dieser Zeit sehr negativ auf den komplexen Spracherwerb der Krippenkinder aus, da das Ablesen von Lippenbewegungen oder das Beobachten der Mimik eingeschränkt war. Die Folgen sind ein eingeschränkter Wortschatz, Probleme bei der ­Artikulation von Lauten oder der Satzbildung sowie grammatikalische Schwächen. Die Pandemie mit all ihren ­Einschränkungen hat aber nicht nur die Entwicklung der Sprachkompetenz von Kleinkindern erschwert. Durch Homeschooling und weniger soziale Kontakte fehlte den Schulkindern auch der direkte kommunikative Austausch mit Lehrern und vor allem mit Gleichaltrigen beim Lernen, Spielen oder auch Streiten. Dies ist jedoch für die Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten unerlässlich.

Durch die lange Schließung von Kitas und Schulen fielen Sprachstörungen zunächst weniger auf. Hinzu kamen geschlossene logopädische Praxen und abgebrochene Sprachtherapien, sodass bereits erzielte Fortschritte wieder zunichte gemacht wurden. Als weitere Ursache für die Zunahme von Sprachauffälligkeiten gelten eine übermäßige Nutzung von Smartphone, PC und Fern­seher sowie die mangelnde Kommunikation. „In vielen Familien wird zu wenig mit dem Nachwuchs kommuniziert, nicht einmal beim Essen. Dadurch fehlen sprachliche Anreize, die eine gesunde Sprachentwicklung fördern. Und manchmal lässt sich der Sprachentwicklungsstörung keine erkennbare Ursache zuordnen“, so Vijitha Sanjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH.



Autorin
Katharina Maidhof-Schmid

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (2) Seite 82