Palliativmedizin hilft dann, wenn die Möglichkeit, eine Krankheit zu heilen, ihre Grenzen findet. Die palliative Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Erkrankungen sowie deren Familien ist indes noch ein wenig bekanntes Fachgebiet, das jedoch hohe Herausforderungen mit sich bringt.
Mit der Zunahme (intensiv-)medizinischer Möglichkeiten bei lebensbegrenzt erkrankten Kindern gewinnt die pädiatrische Palliativmedizin immer mehr an Bedeutung. Viele Kinder mit lebenslimitierenden Erkrankungen leben heute deutlich länger und werden mitunter über Jahre hinweg palliativ versorgt. Aktuell geht man von einer Prävalenz von rund 60 von 10.000 aus, was einer absoluten Zahl von 66.000 bis 85.000 Kindern in Deutschland entspricht.
Zu den Erkrankungen mit palliativem Versorgungsanspruch gehören:
- lebensbedrohliche Erkrankungen, für die eine kurative Therapie verfügbar ist, die jedoch auch versagen kann (z. B. extreme Frühgeburtlichkeit, fortschreitende Krebserkrankungen, irreversibles Organversagen)
- Erkrankungen, bei denen ein frühzeitiger Tod unvermeidlich ist, die jedoch durch intensive Therapien eine Lebensverlängerung und die Teilnahme an Aktivitäten des täglichen Lebens ermöglichen (z. B. Muskeldystrophie, zystische Fibrose)
- progrediente Erkrankungen ohne die Möglichkeit einer kurativen Therapie; diese werden häufig ausschließlich palliativ behandelt (z. B. Adrenoleukodystrophie, Mukopolysaccharidosen)
- irreversible, jedoch nicht progrediente Erkrankungen, die regelhaft Komplikationen zeigen, sich unvorhergesehen verschlechtern können und wahrscheinlich zum vorzeitigen Tod führen, werden ebenfalls palliativ versorgt (z. B. Formen schwerer CP wie Z. n. perinataler Asphyxie, Hirn- oder Rückenmarkerkrankungen)
Beim diesjährigen Kongress der DGIM (Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin) sprach Marcus Linke, Pädiater und Oberarzt in der Klinik für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der DRK-Kinderklinik Siegen, über die Herausforderungen der palliativen Versorgung und der Sterbebegleitung junger Patienten und ihrer Familien. In der pädiatrischen Palliativmedizin stehe die ganzheitliche Betreuung von Patienten und ihren Familien im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Patienten altersgerecht bestmöglich medizinisch, pflegerisch, psychosozial und spirituell zu unterstützen und ihre leidvollen Symptome zu lindern. Darüber hinaus sollte auch die Lebensqualität der Eltern und Geschwister der Patienten durch entsprechende Entlastung und Begleitung verbessert werden. Die Unterstützung ist dabei vielfältig und immer individuell auf die Bedürfnisse aller zugeschnitten.
Die pädiatrische Palliativversorgung sollte ermöglichen, dass die betroffenen Kinder und Familien nicht nur im Krankenhaus, sondern auch zu Hause bestmöglich betreut werden, so dass die Kinder auch in ihrer familiären Umgebung versterben können. Viele der betroffenen Kinder werden über Jahre palliativ begleitet – ein wichtiger Unterschied zur Palliativversorgung von Erwachsenen, die sich zumeist auf die letzten Lebenswochen und Monate beschränkt.
Katharina Maidhof-Schmid
Quellen:
1. Marcus Linke, Kinderklinik Siegen, Vortrag "Kinderpalliativmedizin", 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, DGIM-Kongress, 6. Mai 2025
2. Deutsches Rotes Kreuz (2025). Ambulante & stationäre Palliativversorgung (SAPV) für Kinder und Jugendliche