Die ärztliche Beratung zur Medienkompetenz gehört inzwischen zum festen Instrumentarium der Früherkennungsuntersuchungen U7a bis U9. Doch vielen Pädiatern fallen Diagnose und Therapie auf diesem Gebiet schwer. Eine neue Leitlinie könnte daher sehr hilfreich sein.

Denn mit der S1-Leitlinie "Diagnostik und Therapie von Internetnutzungsstörungen" können nun erstmals fundierte Empfehlungen abgerufen werden, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V. erstellt worden sind. Die Leitlinie führt zu validierten Screeninginstrumenten, die den Kinder- und Jugendärzten bei der Einschätzung helfen können, ob es sich beim Gaming oder der Social Media-Nutzung um eine Internetnutzungsstörung handelt oder nicht. Bei mehr als einem Viertel aller 10- bis 17-Jährigen ist nach den Ergebnissen einer jüngsten DAK-Studie eine riskante oder krankhafte Nutzung Sozialer Medien festgestellt worden. 4,7 % von ihnen gelten inzwischen als abhängig.

Welche Screeninginstrumente, die insbesondere für junge User geeignet sind, stehen den Pädiatern nun zur Verfügung?

  • die Compulsive Internet Use Scale (CIUS) und die Skala zum Onlinesuchtverhalten (OSV-S) für generische Internetnutzungsstörungen
  • die Computerspielabhängigkeitsskala (CSAS) oder die Gaming Disorder Scale (GADIS) für die Computerspielstörung
  • die Social Media Use Disorder Scale (SOMEDIS für die Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung

Bei Verdacht auf eine manifeste Suchterkrankung, die sich im Rahmen der U-Untersuchungen und den Erkenntnissen aus den Screenings ergeben, sollten Kinder- und Jugendmediziner darauf drängen, dass sich die betroffenen Familien an Suchtberatungsstellen oder Fachambulanzen wenden. Dort sollte dann so früh wie möglich eine ambulante Behandlung mit störungsspezifischen verhaltenstherapeutischen Angeboten, Entspannungsverfahren oder mitunter auch mit Medikamenten eingeleitet werden.


Raimund Schmid

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V. (DG-Sucht). S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Internetnutzungsstörungen. Stand 20.11.2024. AWMF-Register Nr. 076-011