Aufklärung, Informationskampagnen und eine erhöhte Selbstverantwortung haben beim Thema Jugendsexualität heute einen solch hohen Stellenwert wie nie zuvor.

Das ist das Ergebnis des jüngsten 215-Seiten starken 8. Berichts zur Jugendsexualität, den Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beim 23. bundesweiten Kongress für Jugendmedizin in Weimar vorgestellt hat. Nach der Auswertung von Daten von über 6.000 jungen Menschen im Alter von 14-25 Jahren hat es insbesondere bei Fragen der Verhütung einen Quantensprung gegeben.

90 Prozent der jungen Menschen sprechen heute mit ihrem Partner über Verhütung, so viele wie niemals zuvor. Während im Jahr 1980 noch bei 29 Prozent der Jungen und 20 Prozent der Mädchen Verhütungsmaßnahmen Tabu waren, ist das 35 Jahre später nur noch bei 6 Prozent der Jungs und 8 Prozent der Mädchen der Fall. Thaiss: „Das ist ein ganz hervorragendes Ergebnis.“

Zahl der Teenagerschwangerschaften halbiert

Die Verhütungsberatung im Elternhaus spielt heute bei 63 Prozent der Mädchen und 51 Prozent der Jungen eine besonders wichtige Rolle. Das deutlich gestiegene Bewusstsein für Verhütungsmaßnahmen hat auch dazu geführt, dass sich die Anzahl der Teenagerschwangerschaften im Jahr 2015 im Vergleich zum Jahr 2004 (da waren es noch 15.000) „glattweg halbiert haben“, berichte Thaiss in Weimar. Wichtiger denn je sei eine optimale Früherkennung auch deshalb, weil sich die sexuellen Aktivitäten vorverlagert haben.

Während im Jahr 1980 noch 47 Prozent der 17-jährigen jungen Frauen und nur zwei Prozent der 14-jährigen Mädchen zum ersten Mal Geschlechtsverkehr hatten, ist das heute bei zwei Dritteln der 17-jährigen und immerhin bereits bei 5 Prozent der 14-jährigen der Fall. Die Jungen sind dagegen im Vergleich zu den Mädchen im geringeren Maße und zu einem späteren Zeitpunkt sexuell aktiv. Bei den 14-jährigen sind es 3 Prozent, bei den 17-jährigen 58 Prozent und bei den 21-jährigen 90 Prozent.

Mädchen mit Migrationshintergund haben später Sex

Ausbleibende sexuelle Aktivitäten werden von den Jugendlichen damit begründet, dass bisher noch nicht der richtige Partner gefunden wurde. Besonders zurückhaltend sind Mädchen mit Migrationshintergrund. Nur 42 Prozent der Mädchen mit Migrationshintergrund haben im Alter von 18 Jahren das „erste Mal“ bereits erlebt, gerade einmal halb so viele wie Mädchen mit deutscher Herkunft. Nach Darstellung von Heidrun Thaiss liegt dies daran, dass gerade bei türkischen Mädchen erlebte Sexualität häufig eine Eheschließung voraussetzt.

Eine sichere Verhütung sei aber in Zukunft kein Selbstläufer, weil diese in jeder Generation neu aufgerollt werden müsste. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Jugendmedizin und des Vertrauens zum Jugendarzt nehme aber auch die Zahl der Jugendlichen zu, die „Informationen zum Thema Sexualität von ihrem Arzt wünschen“, lautete das abschließende Fazit des Weimarer Kongressleiters Dr. Uwe Büsching.


Raimund Schmid