Die Grundsteine für Übergewicht und Adipositas werden bereits in der frühen Kindheit gelegt. Viele Eltern sind sich nicht bewusst, dass der vermeintlich harmlose „Babyspeck“ das Risiko für eine spätere Adipositas mit ihren zahlreichen Folgeerkrankungen erheblich erhöht.
Die frühe Kindheit ist daher ein entscheidendes Zeitfenster für die Prävention von Adipositas. In dieser Zeit sollte der Body-Mass-Index (BMI) aufmerksam beobachtet werden. Ein BMI, der die alters- und geschlechtsspezifische 90-Prozent-Marke überschreitet, gilt als Hinweis für Übergewicht. Von Adipositas spricht man, wenn der BMI oberhalb der 97-Prozent-Marke liegt.
Ein Team um Professor Chang Liu von der Washington State University in Pullman konnte in einer Kohortenstudie zwei unterschiedliche Verläufe des Body-Mass-Index bei Kindern erkennen. Die Forscher unterschieden dabei zwischen typischen und atypischen Verläufen, die möglicherweise dabei helfen können, Kinder mit einem hohen Risiko für Adipositas zu identifizieren und entsprechend frühzeitig gegenzusteuern. An der Studie nahmen 9.483 Kinder verschiedener Ethnien – darunter 4.925 Jungen (51,9 %) und 4.558 Mädchen (48,1 %) - im Alter von 1 bis 9 Jahren teil, bei denen mindestens vier Mal der BMI bestimmt wurde. 8.477 Kinder wurden der typischen und 1.006 Kinder der atypischen Gruppe zugeordnet. In der „typischen“ Gruppe sinkt der BMI zunächst linear und erreicht im Alter von 6 Jahren seinen Tiefpunkt. Darauf folgt ein linearer Anstieg im Alter von 6 bis 9 Jahren. Mit 9 Jahren betrug der mittlere BMI 17,33 kg/m². In der „atypischen“ Gruppe war der BMI zwischen 1 und 3,5 Jahren stabil, gefolgt von einem schnellen und linearen Anstieg zwischen 3,5 und 9 Jahren. Mit 9 Jahren erreichte diese Gruppe einen durchschnittlichen BMI von 26,2 kg/m², was den 99. Perzentilwert überschritt. Zum Wendepunkt waren die Kinder etwa 3,5 Jahre alt.
Die Forschenden konnten mehrere Risikofaktoren für einen atypischen BMI-Verlauf ausmachen: Dazu zählten ein hoher mütterlicher BMI, das Rauchen der Mutter vor oder während der Schwangerschaft, eine hohe Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und ein hohes Geburtsgewicht. An diesen Punkten setzen auch die Präventionsmöglichkeiten an. Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter sollten zum Rauchstopp, zu einem gesunden Körpergewicht und einer angemessenen Gewichtszunahme während der Schwangerschaft motiviert werden. Kinder mit einem atypischen BMI-Verlauf sollten daher engmaschig überwacht werden – vor allem wenn ungünstige mütterliche Risikofaktoren hinzukommen – um einer späteren Adipositas entgegenzuwirken.
Katharina Maidhof-Schmid