Um Schnelltestergebnisse richtig einordnen zu können, sind einige Punkte zu beachten. Wichtige Parameter sind Sensitivität und Spezifität der Tests sowie der positive prädiktive Wert (PPV).

Seit Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie werden nahezu täglich eine Vielzahl von statistischen Daten zur Diagnostik von SARS-CoV-2-Infektionen publiziert, die in ihrer Bedeutung zum Teil kontrovers diskutiert werden.
Insbesondere Schnelltestergebnisse können hinsichtlich der Interpretation Probleme bereiten. Um die Schnelltestergebnisse richtig einordnen zu können, sind 2 Fragen zu beachten:

  1. Wenn der Test „positiv“ ist, wie wahrscheinlich ist es , dass die getestete Person tatsächlich akut infiziert ist?
  2. Wenn der Test „negativ“ ist, wie wahrscheinlich ist es, dass die getestete Person tatsächlich nicht akut infiziert ist?

Neben den Testgütekriterien „Sensitivität“ (Richtig-positiv-Rate) und „Spezifität“ (Richtig-negativ-Rate), die von der Prävalenz einer Infektionskrankheit unabhängig sind, ist der für die Bewertung der Testergebnisse bedeutsamste Parameter der so genannte „positive prädiktive Wert (PPV)“. Der PPV quantifiziert die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit einem positiven Test­ergebnis auch tatsächlich mit dem Virus infiziert ist. Der PPV hängt maßgeblich von der Prävalenz der SARS-CoV-2-Infektion in der untersuchten Population ab. Im Umkehrschluss quantifiziert der negative prädiktive Wert (NPV) die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit einem negativen Testergebnis tatsächlich nicht infiziert ist.

Zur Beurteilung von SARS-CoV-2-Schnelltestergebnissen sind natürlich auch Kenntnisse zu Sensitivität und Spezifität essenziell. Die bislang verfügbaren Schnellteste zum Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion weisen Sensitivitäten zwischen 29,7 und 79,8 % und Spezifitäten von 98,8 bis 99,9 % auf. Verschiedene Hersteller geben eine Sensitivität zwischen 90 und 98 % an. Im „Feldeinsatz“ dürften diese Annahmen etwas zurückhaltender getroffen werden.

In Abbildung 1 („4-Felder-Tafel“) sind simulierte Ergebnisse für PPV und NPV wiedergegeben, wenn in einer zum größten Teil infizierten Population (90 %) mit „guten“ Schnelltests (Sensitivität und Spezifität 95 %) getestet wird. Der PPV liegt in dieser Simulation zwar bei 99,4 % (d. h. positiv getestete Personen sind dann auch infiziert), der NPV allerdings nur bei 67,9 %. Hieraus folgt, dass viele vermeintlich „negative“ Personen dennoch infiziert sind. Im Zweifelsfall sollte dann ein negativer Test durch eine PCR bestätigt werden.

Anlasslose Untersuchungen sind per se problematisch. Wichtig ist, dass Testresultate bei gezieltem Testen (also bei symptomatischen Personen) mit höherer Prävalenz solider sind.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat zur Einordnung der Corona-Schnelltestergebnisse ein Baumdiagramm publiziert, welches unter www.rki.de abrufbar ist. Das RKI kalkuliert in Abhängigkeit von dem gewählten Testansatz die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz eines negativen Testergebnisses infiziert ist, mit 0,01 % (Massentest) und 2,2 % (zielgerichteter Test).

Schnelltests ergeben folglich nur Sinn, wenn Personenkreise getestet werden, die einen hohen Anteil Infizierter aufweisen und Testverfahren mit hoher Sensitivität bzw. Spezifität gewählt werden. Andernfalls ist mit einem hohen Prozentsatz fehlerhaft diagnostizierter Personen zu rechnen.


Literatur
Lein I et al. (2020) Testergebnisse richtig einordnen. Dtsch Ärztebl 117: A2304


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (3) Seite 156