Erkenntnisse aus der Online-Strukturdatenerfassung 2018 zur Situation in den SPZ.

Die schrittweise Erweiterung der kinderärztlichen Versorgung hin zu einer fachgerechten Diagnostik und Behandlung von Kindern mit Entwicklungsstörungen umspannt mittlerweile einen Zeitraum von 30 Jahren. Mit der Aufnahme des § 119 in das SGB V im Jahr 1989 wurde die institutionelle Form des Sozialpädiatrischen Zentrums in das kinderärztliche Versorgungssystem rechtlich verankert. Seit diesem Zeitpunkt kamen zu den individuellen sozialpädiatrischen Vorläuferprojekten rasch neue Zentren hinzu, sodass sich ein überregionales Netz von SPZ vorwiegend an Krankenhausträgern, aber auch an freien Trägern entwickeln konnte. Natürlich war nicht nur das bundesweite Verteilungsmuster sehr heterogen, sondern auch die personelle und inhaltliche Struktur sowie deren Finanzierungsgrundlage. Der sich Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts etablierenden BAG-SPZ innerhalb der DGSPJ war es zu verdanken, dass sich nach und nach die inhaltliche Arbeit und die personellen Strukturen der SPZ annäherten.

Eine entscheidende Grundlage dafür war das vom Altöttinger Arbeitskreis bearbeitete Grundsatzpapier zu den Grundlagen und Zielvorgaben für die Arbeit in den SPZ, unterteilt in Strukturqualität, Diagnostik und Therapie – das sogenannte "Altöttinger Papier". Dies wurde am 21. 06. 2002 vom Vorstand der DGSPJ als Grundsatzpapier anerkannt, veröffentlicht – und es erhielt 2009 und 2016 eine entsprechende Revision. Da das Papier eine Grundaussage der wissenschaftlichen Fachgesellschaft zur Struktur der SPZ ist, wurde es auch schrittweise Grundlage von Sozialgerichtsentscheidungen bis hin zu Urteilen am Bundessozialgericht.

Parallel zur Erstellung des Altöttinger Papiers wurde 2000 von der BAG-SPZ eine Strukturumfrage mittels Fragebogen gestartet, an der damals 75 SPZ teilnahmen. Diese wurde 2006 und 2011 mit ähnlichen Fragen wiederholt und 2014 sowie zuletzt 2018 konkretisiert und mittels Online-Fragebogen durchgeführt. Auf grund dieser Datenansammlung ist es der BAG-SPZ möglich, IST-Zustände zu den SPZ zu beschreiben sowie Aussagen zu Trends und Tendenzen zu geben. War die Erhebung anfänglich noch eine Einzelleistung im Papier-Bleistift-Design (Dr. Hollmann, Bonn), wurde diese Strukturumfrage schrittweise breiter aufgestellt und durch den Qualitätszirkel Strukturen innerhalb des Zentralen Qualitätsarbeitskreises der BAG-SPZ (ZQAK) weiterentwickelt. Die Daten können nun mit einem anonymisierten Fragebogen mit Hilfe der JSmoin Softnet AG erhoben werden. Die Finanzierung dafür übernimmt dankenswerterweise die DGSPJ.

Der aktuelle Fragebogen der Online-Strukturdatenerhebung (OSB) hat 5 Schwerpunkte zum Inhalt:

  1. die Patientenversorgungsleistung durch die SPZ,
  2. die Altersverteilung der behandelten Kinder und Jugendlichen,
  3. das Krankheits- bzw. Diagnosespektrum der Kinder, die in SPZ behandelt werden,
  4. die Mitarbeiteranzahl in den SPZ und deren Qualifikationsschwerpunkte,
  5. die Finanzierungsgrundlage der Arbeit in den SPZ.

Grundlage der letzten Strukturdatenerhebung war das Behandlungsjahr 2018, insbesondere das 4. Quartal 2018. Die Erhebung erfolgte im 1. Quartal 2019. Nachdem die Rohdaten ermittelt wurden, konnten diese analysiert, berechnet und zu Ergebnissen zusammengefasst werden, sodass diese dann den SPZ- und Verwaltungsleitern der BAG-SPZ zu ihrer Vollversammlung am 11. 09. 2019 im Rahmen der Jahrestagung für Kinder- und Jugendmedizin präsentiert werden konnten. An der Strukturdatenerhebung 2018 nahmen 98 von insgesamt 156 SPZ teil. Das sind 63 % aller SPZ; im Vergleich zu den vorhergehenden Umfragen lag diese Beteiligungsquote im Trend (bisher zwischen 54 und 83 %).

1. Patientenversorgungsleistung durch SPZ

Da die SPZ nach § 119 SGB V von der KV zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden müssen, ist hier als Grundlage für eine stabile Finanzierung der Personalplanung die Ermächtigungsdauer ein wichtiger Parameter. Diese ist innerhalb der Erhebungsjahre kontinuierlich angestiegen und liegt aktuell bei durchschnittlich 4,62 Jahren (2014: 3,75 Jahre).

Für die Versorgungsleistung der SPZ ist die Anzahl der abgerechneten Überweisungsscheine (ÜS) pro Jahr ein wichtiges Indiz. Im Jahr 2018 wurden durchschnittlich 3.948 ÜS pro SPZ/Jahr bei den Krankenkassen abgerechnet. Im Vergleich zu 2014 hat sich die Anzahl nicht wie in den 25 Jahren zuvor kontinuierlich erhöht, sondern ist auf diesem Niveau geblieben. Wenn man die Versorgungsleistung aller SPZ im ambulanten KV-System 2018 hochrechnet, so wurden ca. 615.000 Quartalsfälle pro Jahr in SPZ behandelt. Dies ist im Vergleich zu 2014 (ca. 602.000 ÜS) nur eine minimale Steigerung (Abb. 1). Da ein Patient in mehreren Quartalen in einem SPZ behandelt wird, ist die Anzahl der Patienten, die 2018 in SPZ behandelt wurden, natürlich geringer und liegt bei ca. 350.000 Patienten. Auch hier war die Patientenmenge 2014 mit 345.000 Patienten nur unwesentlich geringer. Da die Überweisungen von den niedergelassenen Facharztpraxen für Kinder- und Jugendmedizin zur Mitbehandlung weiterhin hoch sind und dies längere Wartezeiten auf einen Ersttermin zur Folge hat, ist die Ursache sicher nicht in der Anzahl der potenziell zu behandelnden Patienten zu suchen, sondern eher in strukturellen Phänomen, die bundesweit zu finden sind. Hier ist zum einen die erschwerte Akquise von geeignetem ärztlichem und therapeutischem Fachpersonal zu nennen, andererseits sind viele SPZ an räumliche Ressourcen gestoßen, sodass schlichtweg die Behandlungsräume für das entsprechend einzustellende Personal fehlen. Unbedingt muss auch die fehlende Finanzierungsgrundlage durch die Krankenkassen, aber auch durch die Sozialhilfeträger für das Einstellen von notwendigem Personal als wesentliche Ursache in Betracht gezogen werden.

2. Altersverteilung der Patienten in SPZ

Seit 2006 wird die Altersverteilung der in SPZ behandelten Patienten systematisch erfasst. Neben den einzelnen Jahrgängen wurden diese in Altersgruppen zusammengefasst. Hierzu kann festgehalten werden, dass mehr als die Hälfte der Patienten in SPZ zwischen 3 und 10 Jahre alt sind (Abb. 2). Säuglinge und Kleinkinder machen ca. 15 % der Patienten in SPZ aus. Die Altersverteilung hat sich von 2006 – 2018 nicht wesentlich verändert, aber es ist ein Trend festzustellen, dass in den früheren Jahren etwas mehr die jüngeren Kinder dominierten. Eine Erklärung wäre, dass diese Kinder möglicherweise länger in der SPZ-Betreuung geblieben sind und sie sich jetzt eher im Pubertätsaltersbereich wiederfinden. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass

  • 23,1 % unserer Patienten zwischen 3 und 6 Jahre,
  • 33,2 % zwischen 6 und 10 Jahre,
  • 11,2 % zwischen 10 und 12 Jahre und
  • 10,5 % zwischen 12 und 15 Jahre alt sind.

3. Diagnosenschwerpunkte bzw. -verteilung

Neben der Ermittlung der sehr häufig gestellten Diagnosen in SPZ, für die die SPZ eine Expertise entwickelt haben, ist es aber auch wichtig, eher seltene Diagnosen zu erfassen, für die das multiprofessionelle und interdisziplinär arbeitende SPZ-Team einerseits für deren Behandlung und andererseits für deren Teilhabe ein kompetenter Ansprechpartner ist. Unter den TOP-10-Diagnosen, die in SPZ behandelt werden, liegen entsprechend der Häufigkeit die umschriebene Entwicklungsstörung der Sprache (F80), der Motorik (F82) und die kombinierten umschriebenen Entwicklungsstörungen (F83) auf den ersten 3 Plätzen.

Auf Rang 4 ist über die Jahre konstant das ADHS (F90), gefolgt von der Störung schulischer Fertigkeiten (F81) und den anderen Verhaltensstörungen (F98). Die Intelligenzminderung leichten Grades (F70) liegt auf dem 7. Platz, gefolgt von der Epilepsie (G40) und dem Z. n. Frühgeburt (P07). Platz 10 nehmen die emotionalen Störungen des Kindesalters (F93) ein. Ansteigende Tendenz zeigt der Autismus (F84) auf Platz 11. Auf Platz 12 liegt die Infantile Zerebralparese (G80).

Die Mehrzahl der SPZ verschlüsseln nach der Mehrbereichsdiagnostik in der Sozialpädiatrie im sogenannten EKPSA-Schema. Da durchschnittlich ca. 4 Diagnosen nach ICD-10 pro Patient in den SPZ vergeben werden, entfällt die Mehrzahl der Diagnosen auf den Bereich Entwicklung und Intelligenz und auf den körperlich-/neurologischen Bereich. Ein Drittel weniger Diagnosen werden im Bereich psychische Auffälligkeiten (ICD-Kapitel F, außer F8) vergeben.

Zusammenfassend kann man sagen, dass auf das ICD-Kapitel F8 (Entwicklungsstörung) 54,66 % der Diagnosen entfallen, auf das Kapitel F9 (Verhaltens- und emotionale Störung) 25,83 %. F7 (Intelligenzminderung) macht 6,61 % aus, G40 (Epilepsie) 4,0 und G80 (ICP) 2,76 %.

Insgesamt muss festgestellt werden, dass die Zahl der schwerst mehrfachbehinderten und komplex entwicklungsgestörten Patienten nicht abgenommen hat. Dagegen ist aber die Zahl der Kinder mit umschriebenen Entwicklungsstörungen (Sprache, Motorik) und psychosozialen Folgekrankheiten überproportional angestiegen.

4. Mitarbeiteranzahl in den SPZ und deren Qualifikationsschwerpunkte

Bei der Erfassung der Anzahl der Mitarbeiter, die in SPZ arbeiten, ist es wichtig, zwischen der Anzahl der Mitarbeiter und deren Arbeitszeit pro Woche zu unterscheiden. Dementsprechend differenzieren wir zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften und haben bei der Befragung somit differenziert zwischen den "Vollzeitkräften" im Personalplan und zwischen der Anzahl der Mitarbeiter in "Köpfen".

Bei der Berechnung der durchschnittlichen Mitarbeiteranzahl wurde diese in Vollzeitkräften (VK) angegeben. Das Ergebnis der Datenerhebung lag bei 22,97 VK pro SPZ (2014: 22,42 VK). Hochgerechnet auf alle SPZ sind das ca. 3.600 VK an Mitarbeitern mit unterschiedlicher Profession, die in den Zentren arbeiten (2014: 3.300 VK). Der geringfügige Zuwachs an VK im Vergleich zu 2014 verteilt sich sicher nicht auf alle SPZ, da im Vergleich zu 2014 9 neu zugelassene SPZ hinzugekommen sind. Alleine deren Personalausstattung zieht bereits eine Erhöhung der Gesamt-VK-Anzahl nach sich.

Schauen wir uns nun differenziert die einzelnen Berufsgruppen an, die auch in VK erhoben wurden: Bei den Ärzten gibt es pro SPZ durchschnittlich 4,59 VK, wobei sich die Anzahl zwischen 0,8 VK (Min.) und 15,94 VK (Max.) bewegt. Hochgerechnet auf alle SPZ können wir davon ausgehen, dass ca. 716 VK Ärzte in den SPZ arbeiten. Im Vergleich zu 2014 (701 VK) ist kein deutlicher Zuwachs an Ärzten in VK zu verzeichnen. Da aber die Anzahl der Teilzeitanstellungen sicher zugenommen hat, ist die Anzahl der "Köpfe" deutlich höher. Dies haben wir untersucht, indem wir die Qualifikation der ärztlichen Mitarbeiter erfragt haben. So sind ca. 892 "Köpfe" als FÄ für Kinder und Jugendmedizin (KJM) in den SPZ beschäftigt, zzgl. 81 Ärzte in Weiterbildung zum FA für KJM; ca. 46 FÄ für KJPP und 43 andere Fachärzte. Von den FÄ für KJM haben ca. 300 Kollegen den Schwerpunkt Neuropädiatrie; 98 die Zusatzweiterbildung Ärztliche Psychotherapie und ca. 118 eine andere Schwerpunktbezeichnung bzw. Zusatzweiterbildung.

Insgesamt kann man feststellen, dass jeder 8. bis 10. FA für KJM, der in der ambulanten Versorgung tätig ist, in einem SPZ arbeitet. Dabei sind die FÄ für KJM mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie, die ambulant tätig sind, sicher in den SPZ mit Abstand am häufigsten anzutreffen.

Die Fachgruppe der Psychologen ist durchschnittlich pro SPZ mit 3,92 VK vertreten. Das entspricht ca. 612 VK in allen SPZ. Hier ist ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zu 2014 um 59 VK festzustellen. Bezogen auf die "Köpfe" gehen wir von 845 Psychologen aus, die in SPZ arbeiten. Davon beträgt der Anteil derer, die als approbierte Psychotherapeuten zugelassen sind, 41,4 %.

Bezüglich der Heilmitteltherapeuten sind im Durchschnitt ca. 2 VK pro SPZ tätig. Hochgerechnet sind dies ca. 300 VK pro Fachgruppe. Die Heilpädagogen sind mit 1,31 VK im Durchschnitt weniger vertreten (ca. 204 VK in allen SPZ), was sicher etwas mit der unzulänglichen Finanzierung durch die Krankenkassen, aber auch durch die Sozialhilfeträger zu tun hat. Das Gleiche gilt für die Sozialpädagogen, die mit nur ca. 159 VK (Durchschnitt 1,02 VK) in den SPZ – bezogen auf deren Bedarf – sicherlich deutlich zu wenig vertreten sind.

Für das Funktionieren eines SPZ ist das sogenannte Servicepersonal essenziell, bestehend aus medizinischem Fachangestellten, Kinderkrankenschwestern und den Verwaltungsmitarbeitern. Damit ein SPZ so arbeiten kann wie zurzeit üblich, macht der Anteil der Mitarbeiter dieser Berufsgruppen – bezogen auf die Gesamtmitarbeiterzahl – immerhin ein Viertel aus.

Bei der Erfassung der gesamten bzw. differenzierten Mitarbeiterzahl sehen wir, dass innerhalb der letzten 4 Jahre kaum Zuwachs vorhanden ist. Dies unterstützt die These, dass der fehlende Anstieg der Überweisungsscheinzahl eng mit der Stagnation der Mitarbeiteranzahl in SPZ zu sehen ist.

5. Finanzierungsgrundlage

Die Finanzierung der Leistungen in SPZ sind im § 120 SGB V geregelt, wobei hier die Möglichkeit der pauschalen Finanzierung beschrieben wird. Dies trifft für fast alle SPZ zu. Erwähnen muss man, dass in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Berlin die heilpädagogische Frühförderung – die Aufgabe der Eingliederungshilfe ist – in den SPZ aufgeht und somit diese beiden Länder bzgl. der Finanzierung anders betrachtet werden müssen. Die GKV-Kosten für alle bundesdeutschen SPZ betragen der Mitteilung des BMG zufolge für 2018 ca. 254 Mill. Euro. Im Vergleich zu 2014 (205 Mill. Euro) liegt somit eine Steigerung vor (Abb. 3). Diese ist mit dem tarifrechtlichen Anstieg der Personalkosten und der Zulassung einzelner neuer SPZ zu erklären, wobei bei den Kostensatzverhandlungen mit den Krankenkassen maximal die gesetzlich vorgegebene Grundlohnsummensteigerung umgelegt worden ist, meistens aber auch diese nicht.

Richtig defizitär sind aber die Ausgaben der nichtmedizinischen sozialpädiatrischen Leistungen, die im § 43a SGB V definiert sind. Für diese Leistungen der Förderung und Therapie sind die gesetzlichen Krankenkassen sowie die Eingliederungshilfe zuständig Viele SPZ bekommen für diese Leistungen überhaupt keine Finanzierung. Von den wenigen SPZ, die eine Mitfinanzierung durch den Sozial- bzw. Jugendhilfeträger bekommen, beträgt diese durchschnittlich 100.000 Euro pro Jahr. Gehen wir davon aus, dass der Anteil der GKV-pflichtigen Leistungen 85 % der Finanzierungsgrundlage sind und der der Eingliederungshilfe 15 %, so müsste der Anteil seitens der Sozialhilfe bei ca. 45 Millionen Euro liegen, was aber gegenwärtig bei Weitem nicht der Fall ist.

Das SPZ – eine Blackbox?

Diese Frage kann man jetzt fast 30 Jahre nach der gesetzlichen Implementierung der SPZ so nicht mehr stehen lassen. Natürlich unterscheiden sich die SPZ nach Größe, Mitarbeiteranzahl, Trägerschaft, Einzugsgebiet und letztendlich nach der Finanzierungsgrundlage. Aber die Arbeitsweise und das zu behandelnde Patientenspektrum sind schärfer umrissen. Die Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen unter besonderer Berücksichtigung von chronischer Erkrankung im Zusammenspiel mit den Einflüssen des sie umgebenden Umfeldes ist die Agenda der SPZ. Und somit sind die SPZ mit ihrer einzigartigen multiprofessionellen Arbeitsweise essenzieller Bestandteil der kinder- und jugendmedizinischen Versorgungslandschaft. Die Ergebnisse der Online-Strukturdatenerhebung liefern hierfür die numerische Grundlage. Und dementsprechend leitet sich daraus unser nächster logischer Arbeitsauftrag ab, die Strukturdatenerhebung auch 2022 fortzusetzen.

Schlussfolgerungen

Die BAG-SPZ und die DGSPJ können mit den Erkenntnissen aus der Struktur­datenerfassung wichtige Kernaussagen zur medizinischen Versorgungslage von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen formulieren:

  • Die Notwendigkeit von multiprofessionell aufgestellten und interdisziplinär arbeitenden SPZ – zurzeit sind es 156 SPZ in Deutschland – hat sich für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen bewährt und ist unbedingt notwendig. Dies spiegelt sich auch durch die von den Zulassungsstellen der KV zu genehmigende zunehmende Dauer der Ermächtigung für die einzelnen SPZ wieder.
  • Schwerpunktmäßig werden Kinder mit umschriebenen, aber auch komplexen Entwicklungsstörungen in SPZ behandelt. Aber auch für Kinder mit eher seltenen Erkrankungen ist die SPZ-Struktur geeignet, insbesondere hinsichtlich der Behandlung ihrer Teilhabestörung. Die Leistung der SPZ ist mit der Behandlung von ca. 350.000 Kindern und Jugendlichen pro Jahr – dies entspricht ca. 615.000 Quartalsfällen – bezüglich des breiten und vertieften Spektrums der kinder- und jugendärztlichen Versorgung in Deutschland stark versorgungsrelevant.
  • Hierfür steht ein hochqualifiziertes multiprofessionelles Personal zur Verfügung, das Kinder- und Jugendliche interdisziplinär unter einem Dach behandeln kann. Insbesondere jeder 8. bis 10. ambulant tätige Kinder- und Jugendarzt arbeitet in einem SPZ. Hierbei stellen die Fachärzte mit Schwerpunktbereich (z. B. Neuropädiatrie) einen hohen Anteil dar.
  • Die Finanzierungsgrundlage der SPZ ist nicht ausreichend. Dies zeigt die erstmalig in den letzten 4 Jahren festgestellte Stagnation der Anzahl der zu behandelnden Patienten. Um die weiterhin reichlich gefüllten Wartelisten bei der Anmeldung zur Behandlung in einem SPZ nicht noch weiter anwachsen zu lassen, muss in Personal und Räumlichkeiten mehr investiert werden. Hierzu sind die Krankenkassen, aber insbesondere auch die Sozialhilfeträger in der Pflicht!



Korrespondenzadresse
Dr. med. Christoph Kretzschmar
FA für Kinderheilkunde und Jugendmedizin
Leiter des QZ "Strukturdaten" der BAG-SPZ, Städtisches Klinikum Dresden,
Chefarzt Sozialpädiatrisches Zentrum
Schwerpunkt Neuropädiatrie

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (3) Seite 212-216