Kinder, die Fast-Food-Werbung sehen, essen rund doppelt so häufig Fast Food wie Kinder, die nicht einem derartigen Werbeeinfluss ausgesetzt sind.

Diese Erkenntnisse gehen aus einer Langzeitstudie mehrerer US-Universitäten hervor, an der 624 Kinder teilgenommen haben. Mit Hilfe der Studie werden damit die Forderungen des Wissenschaftsbündnis "Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten" (DANK) – ein Zusammenschluss von 22 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungseinrichtungen – gestärkt, die schon lange fordern, an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte in Deutschland zu unterbinden.

Für die Studie wurden die Familien ein Jahr lang begleitet. Die Kinder waren zwischen 3 und 5 Jahre alt. Die Eltern füllten alle 8 Wochen einen Fragebogen aus, welche TV-Sendungen ihr Kind wie lange gesehen hatte. Die Forscher berechneten daraus, wie viel an Kinder gerichtete Fast-Food-Werbung (für McDonald’s) die Kinder wahrgenommen hatten. Zusätzlich berichteten die Eltern, wie oft ihr Kind in der vergangenen Woche bei McDonald’s gegessen hatte und ob sie selbst regelmäßig Fast Food essen. Ergebnis: Kinder, die viel entsprechende Werbung gesehen hatten, aßen rund doppelt so häufig bei McDonald’s wie "werbefreie" Kinder ("Rate Ratio" 1,97). Schon wenig Werbung steigerte die Fast-Food-Frequenz um 50 %. Der Unterschied zeigte sich aber nur, wenn die Eltern selbst Fast Food mieden. In diesen Fällen übertraf der eigene Wunsch des Kindes nach Fast Food die Distanzhaltung der Eltern zu dieser Ernährungsform eindeutig. Wenn die Eltern selbst auch regelmäßig Fast Food konsumierten, hatte die Werbung praktisch keine Bedeutung.

"Die Ergebnisse zeigen, dass Werbung Kinder sogar stärker beeinflussen kann als das gute Vorbild der Familie", sagt Barbara Bitzer, DANK-Sprecherin und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft. "Solche Werbung konterkariert alle Bemühungen, Kindern gesunde Ernährung zu vermitteln. Selbstverpflichtungen der Industrie haben sich hier als wirkungslos erwiesen. Daher hilft nur ein Verbot, um Kinder vor dem gesundheitsschädlichen Einfluss von Werbung zu schützen."

Mehrere Länder, wie Norwegen und Schweden, haben bereits entsprechende Gesetze. Auch die Verbraucherschutz-Ministerkonferenz verabschiedete 2018 einen entsprechenden Appell an die Bundesregierung. In der Nationalen Reduktionsstrategie des Ernährungsministeriums wird das Thema dagegen nur vage erwähnt.

Kommentar:
Wieder einmal zeigt sich, dass Ernährungsministerin Julia Glöckner ihrer Verantwortung nicht gerecht wird. Es reicht eben nicht aus, im Rahmen der Nationalen Reduktionsstrategie Babys vor ungesunder Nahrung wie gezuckerten Tees zu schützen und später ältere Kinder einer Flut von Werbung für nicht minder ungesundes Fast Food auszusetzen. Und das in einem Alter, das für die Ausprägung der Ernährungskompetenz entscheidend ist. Hier sollte Ministerin Klöckner nun endlich Mut zeigen und ein entsprechendes Werbeverbot ernsthaft politisch vorantreiben.


Autor
Raimund Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (1) Seite 10