Vor einem Jahr hat sich der neue Vorstand der DGSPJ mit einem Programm zu aktuellen Vorhaben vorgestellt. Nun möchten wir an dieser Stelle berichten, wo wir mit unseren Projekten gerade stehen. Wir greifen daher die damals genannten Themen auf, in etwas geänderter Reihenfolge.

Aus-, Fort- und Weiterbildung

Am meisten hat uns sicher die Beantragung der Zusatzbezeichnung Spezielle Sozialpädiatrie in Atem gehalten. Die Bundesärztekammer (BÄK) hat uns alle – trotz Verständnis und Entgegenkommen – durch den Hinweis auf einen abschließenden Abgabetermin ziemlich ins Schwitzen gebracht. Wir können damit in der aktuellen Welle einer großen Reform der Novelle der Musterweiterbildung mitschwimmen. Diese setzt – entgegen früherer Weiterbildungsordnungen – mehr auf die zu erwerbenden Kompetenzen und weniger auf spezifische Zeiten und Zahlen.

Unter diesem Aspekt sind im vergangenen Jahr alle Gebietsweiterbildungen und Schwerpunkte überarbeitet worden. In diesem Jahr waren die Zusatzbezeichnungen in enger Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften an der Reihe. In der Kinder- und Jugendmedizin kamen 2 neue Zusatzweiterbildungen dazu: die Spezielle Stoffwechselmedizin und die Spezielle Sozialpädiatrie. Der Prozess wurde intensiv begleitet von der Kommission für Weiterbildungs- und Strukturfragen der DAKJ und dem Dezernat Aus-, Fort- und Weiterbildung der BÄK. Vor und nach einem Beratungstermin Anfang Juni 2017 in der BÄK haben wir intensiv mit unseren Partnerverbänden DGKJ, BVKJ und DAKJ sowie der Gesellschaft für Neuropädiatrie diskutiert und einen letzten Aufschub bis zum 01. 10. 2017 für die Abgabe der letzten Entwurfsversion für viele Gespräche genutzt. Aber nun ist der allererste Schritt geschafft: Unser Entwurf ist auf der Seite der BÄK eingestellt.

Mehr zum Novellierungsprozess der Musterweiterbildung finden Sie unter www.bundesaerztekammer.de/aerzte/aus-weiter-fortbildung/ weiterbildung/novellierung/

Jetzt haben die Landesärztekammern und andere Fachgesellschaften Gelegenheit, den Entwurf zu kommentieren. Der jetzige Entwurf orientiert sich durchgehend an der ICF und ist damit sehr klar strukturiert und kohärent. Als Alternative zu einer auf Ausbildungszeiten basierten Zusatzweiterbildung wird die Möglichkeit einer berufsbegleitenden Weiterbildung erwogen. Da hierzu jedoch noch keine Spezifizierungen seitens der BÄK vorliegen, konnte die Alternative nicht abschließend bis zum Abgabetermin diskutiert werden; hierzu wird es spätere Gespräche gemeinsam mit unseren Partnerverbänden geben.

Da die sozialpädiatrische Versorgung in den letzten Jahren umfassend mit den niedergelassenen Ärzten diskutiert wurde und ein gestuftes System mit einer sozialpädiatrischen Basisversorgung in der Praxis und einer speziellen sozialpädiatrischen Versorgung in SPZ, sozialpädiatrischen Kliniken und anderen speziellen Einrichtungen der Rehabilitation oder im Öffentlichen Kinder- und Jugendgesundheitsdienst entwickelt wurde, fand die jetzige Fassung eine gute Akzeptanz im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Besorgnis besteht nach wie vor bei pädiatrischen Subdisziplinen, die Kinder und Jugendliche mit schweren chronischen Erkrankungen in Hochschul- und Spezialambulanzen in Krankenhäusern versorgen, hinsichtlich der Auswirkungen auf diese Strukturen. Wir hoffen auf eine offene und kollegiale Diskussion und wollen gerne einen breit angelegten Dialog über die Weiterentwicklung unseres Faches, Formen der Zusammenarbeit und die bestmögliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien führen.

Die Kurse Curriculum "Entwicklungs- und Sozialpädiatrie für die kinder- und jugendärztliche Praxis" sind weiterhin sehr gefragt, u. a. auch bei Assistenzärzten und Ärzten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Die nächsten Termine sind auf der Homepage der DGSPJ zu finden: www.dgspj.de/tagungen/curriculum-sozialpaediatrie/ Kursangebote melden Sie bitte an die Geschäftsstelle.

Im November hat die BAG SPZ einen Workshop für "neue" Ärztliche SPZ-Leiter, SPZ-Oberärzte, Leitende SPZ-Psychologen und Leitende SPZ-Therapeuten durchgeführt. Themen des Workshops waren u. a. Interdisziplinarität, Kommunikation und Qualität im SPZ.

Kulturelle und soziale Diversität/internationale Kooperationen

Auch in diesem Punkt sind wir mit Siebenmeilenstiefeln vorangeschritten: Die DGSPJ unterstützt den Kongresspräsidenten Dr. Helmut Hollmann in der Ausrichtung der Jahrestagung der "International Society for Social Pediatrics" (ISSOP) am 27. – 29. 09. 2018 in Bonn. Bitte notieren Sie sich schon den Termin, der 2 Wochen nach der Jahrestagung in Leipzig liegt. Die Tagung wird unterstützt von der EUSUHM (European Union for School and University Health and Medicine) und dem NZFH (Nationales Zentrum Frühe Hilfen). Ein DFG-Antrag auf Förderung einer internationalen Tagung wird von Herrn Dr. Thorsten Langer, Freiburg (Stefan-Engel-Preisträger) gestellt. Zwischenzeitlich hat die diesjährige Jahrestagung der ISSOP in Budapest vom 28. – 30. 09. 2017 stattgefunden mit dem thematischen Schwerpunkt: "Children on the move: rights, health and well-being", der auch auf der Bonner Tagung neben dem Schwerpunkt auf "Early Childhood Intervention" weiter verfolgt werden soll. Ein Bericht über die früheren Tagungen und aktuelle Papiere zu dem Thema Migration finden Sie unter www.issop.org.

Primärprävention und Gesundheitsförderung

Die DGSPJ hat sich gut auf dem vom BMG ausgerichteten Forum "Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen" im Februar 2017 in Berlin einbringen können. Vertreterinnen des ÖGD (Frau Dr. Ulrike Horacek, Frau Dr. Brigitte Langenbruch) haben an weiteren Fachgesprächen im BMG teilgenommen.

Die DGSPJ beteiligt sich an der Initiative "Zukunftsforum Public Health", einer Initiative des Robert Koch-Instituts und der Akademie der Wissenschaften der Leopoldina. Das zweite Zukunftsforum fand vom 11. – 12. 12. 2017 erneut in Berlin statt.

Weitere Informationen und Ergebnisse des Zukunftsforums sind auf der Homepage des Zukunftsforums abrufbar: www.zukunftsforum-public-health.de

Im Februar 2017 wurde ein neues Nationales Gesundheitsziel "Gesundheit rund um die Geburt und im ersten Lebensjahr" veröffentlicht. Die DGSPJ findet die geplanten Maßnahmen unzureichend und hat in einer Pressemitteilung Nachbesserungen gefordert (www.dgspj.de/wp-content/uploads/service-pressemitteilung-soziale-gerechtigkeit-05-2017.pdf).

Mit einer weiteren Pressemitteilung hat die DGSPJ auf das aufgrund einer nicht auskömmlichen Finanzierung der Kostenträger drohende Aus für die sozialmedizinische Nachsorge für Frühgeborene und schwer kranke Kinder reagiert und ein Ende der Blockadehaltung der Krankenkassen sowie Hilfe von der Politik gefordert (www.dgspj.de/wp-content/uploads/service-pressemitteilung-sozialmedizinische-nachsorge-2017.pdf).

Entwicklungsförderung und Kinderschutz

Die DGSPJ hat sich für die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz eingesetzt und an zahlreichen Gesprächen teilgenommen und das Projekt durch Lobbyarbeit unterstützt. Durch den Antrag des Landes NRW wird möglicherweise erreicht, dass damit ein die Bundestagswahl überdauernder politischer Diskussionsprozess eingeleitet wurde.

Besonders intensiv hat sich im Zusammenhang mit der Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (Inklusive Lösung SGB VIII) die Zusammenarbeit mit dem Bundesfamilienministerium und den beauftragten Projektträgern (Deutscher Verein für Wohlfahrtspflege und Deutsches Institut für Urbanistik) gestaltet. Leider sind die beabsichtigten Gesetzesvorhaben auf der Strecke geblieben und müssen in der nächsten Legislaturperiode neu in Angriff genommen werden. Da die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Behinderungen und das daran anknüpfende Bundesteilhabegesetz sehr stark auf der Logik der ICF aufbauen, muss eine Öffnung der Jugendhilfe für diese Konzeption geschaffen werden. Dies erweist sich als schwieriger und voraussichtlich langwieriger Prozess. Für die DGSPJ sind derzeit Barbara Discher aus dem SPZ Unna und Andreas Oberle sowie Ute Thyen eingebunden. Wir sehen es als hilfreich an, wenn alle Aktivitäten zur inklusiven Lösung SGB VIII/Schnittstellengestaltung SGB IX koordiniert und gebündelt werden, um Doppelungen und ineffiziente Nutzung von Experten zu vermeiden. Unsere Partnerverbände sehen bei der DGSPJ hier geballte Expertise und sind dankbar für unsere Federführung in diesem Bereich. Wir hoffen, dass in jeder Region und Kommune ein begleitender Diskussionsprozess geführt wird. Hintergrundinformationen, Materialen und aktuelle Berichte stellen wir über die Geschäftsstelle gerne zur Verfügung.

Kinder psychisch kranker Eltern

Die DGSPJ hat federführend für die Kinder- und Jugendmedizin im Februar 2017 an einem Parlamentarischen Abend zur Situation der Kinder von psychisch kranken Eltern teilgenommen. Wir haben eine kleine Anfrage durch die Fraktion die Linke im Bundestag unterstützt, die wiederum zu einem Spiegel-Artikel zum Thema geführt hat (Spiegel Nr. 20, 13.05.2017, S. 42 – 44). Ein Antrag zur besseren Versorgung von Kindern psychisch kranker Eltern wurde im Bundestag am 22. 06. 2016 besprochen; ebenso eine Vorlage zur Suizidprävention. Der Bundestag hat beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die zum 01. 07. 2018 einen Endbericht vorlegt zur "Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil psychisch erkrankt ist". Allerdings werden sowohl das Budget als auch die Mitglieder der AG erst nach der Regierungsbildung festgelegt, sodass der Zeitrahmen für die Erarbeitung sinnvoller Vorschläge äußerst eng gesteckt sein wird. Immerhin – es bewegt sich etwas!

Geschäftsstelle

Aufgrund der erheblich gestiegenen Aktivitäten und Anforderungen an die Geschäftsstelle hat der Vorstand am 01. 06. 17 beschlossen, die Arbeitsstunden zu erhöhen und Frau Paul eine unbefristete Stelle über 20 Stunden pro Woche anzubieten. Die Änderung ist zum 01. 10. 2017 erfolgreich umgesetzt worden.

Wir danken allen Mitstreitern, unseren Kommissionsmitgliedern bei der DAKJ, unseren eigenen Kommissionen, den Delegierten in weiteren Gremien, der gesamten BAG der SPZ und den Sprechern der BAG für das Engagement, die Diskussionsfreude und Bereitschaft, sich weit über das übliche Arbeitspensum hinaus einzubringen. Das erste Jahr hat uns viel Freude gemacht – weiter so!

Prof. Dr. Ute Thyen, Präsidentin der DGSPJ
Dr. Andreas Oberle, Vize-Präsident der DGSPJ


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2018; 89 (1) Seite 54-56