Wie groß ist der Anteil der ärztlichen Arbeitszeit für die direkte Patientenversorgung in verschiedenen Disziplinen? Und welche Tätigkeiten fallen sonst noch an. Eine Studie lieferte hierzu interessante Ergebnisse.

Personalkosten nehmen den größten Anteil an den Krankenhauskosten in Deutschland ein (60 %). Der effiziente Einsatz von Mitarbeitern ist daher zwingend notwendig, um eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Abwicklung des Klinikbetriebes zu gewährleisten.

Jüngst wurde eine Studie publiziert, welche die Arbeitszeitverteilung der Mitarbeitenden des ärztlichen Dienstes in einem Universitätsklinikum (hier: Freiburg) auf Tätigkeitsarten und Tageszeiten in verschiedenen Kliniken ermittelte. Methodisch wurde anhand von jeweils 14-­tägigen Multimomentaufnahmen in 7 Kliniken des Universitätsklinikums Freiburg gearbeitet. Erfasst wurde jede Tätigkeit, die an zufällig ausgewählten Zeitpunkten ausgeübt wurde. An der Untersuchung nahmen insgesamt 250 Mitarbeitende (83 % Teilnehmerquote) des ärztlichen Dienstes teil. Die untersuchte Gesamtzeit betrug 20.715 Stunden (12 Nettoarbeitsjahre). Weniger als 50 % (46 %) der stationären Arbeitszeit wurde im direkten Kontakt mit den Patienten verbracht.

Dabei ließen sich relevante Unterschiede zwischen den teilnehmenden Kliniken ermitteln (Tabelle). So betrug der Patientenkontakt in der Pädiatrie 35 % und in der Mund-Kiefer- und Gesichts­chirurgie (MKG) 60 %. Mit über 50 % Anteil war in der Zeit von 08:00 bis 12:00 Uhr der direkte Patientenkontakt am höchsten. Allgemeine stationäre Tätigkeiten lagen in der Kinder- und Jugendmedizin mit einem Anteil von 15,3 % am höchsten.

Die Autoren folgern aus ihren Daten, dass der Anteil für Tätigkeiten ohne direkte Anwesenheit am Patientenbett niedriger war als in früheren Studien. Unklar ist, welcher Anteil der ärztlichen Tätigkeit für eine optimale Versorgung der Patienten notwendig ist, oder ob mehr Zeit für Leistungen im direkten Kontakt mit den Patienten ermöglicht werden muss. Die Tabelle gibt die Verteilung der Gesamtzeit des ärztlichen Dienstes (%) und 95-%-Konfidenzintervalle für verschiedene Disziplinen wieder.

Kommentar:
Die Studie ist empirisch angelegt, jedoch nicht repräsentativ für nichtuniversitäre Kliniken bzw. kleinere Krankenhäuser, die mutmaßlich weniger patientenferne Tätigkeiten aufweisen. Dennoch ist erschreckend, dass ein relativ geringer Anteil der Arbeitszeit des ärztlichen Dienstes für die direkte Versorgung zur Verfügung steht. Es ist nicht erkennbar, dass diesbezüglich ein substanzieller Wille besteht, eine Änderung herbeizuführen. Immer mehr administrative Tätigkeiten (Dokumentation, Kodierung, Bescheinigungen etc.) werden durch Ärzte erledigt. Eine klare Struktur, welcher Anteil der ärztlichen Arbeitszeit patientennah bzw. -fern verbracht werden können und sollen, ist nicht erkennbar. Vielmehr verteilt sich die Arbeit eher zufällig. Dies kann nicht im Interesse einer hochqualitativen (und damit automatisch kostengünstigen) Versorgung von kranken Menschen sein.

Literatur
1. Wolff J et al. (2017) Arbeitszeitverteilung von Ärzten in einem deutschen Universitätsklinikum. Dtsch Arztebl Int 114: 705 – 11


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2018; 89 (2) Seite 84